top of page

Handbestäubung von Kakaoblüten als nachhaltige Methode zur Einkommensverbesserung von Kakaobauern

Handbestäubung von Kakaoblüten - ein Feldexperiment

Im November 2018 besuchten die Göttinger Agrarökologen Dr. Thomas Cherico Wanger und Manuel Toledo Hernandez (jetzt beide an der Westlake University of China) AMAP Brasilien und die Fazenda Bom Pastor zum ersten Mal. Gemeinsam wollten wir hier eine Kooperation zur Kakaoforschung diskutieren und Projektideen skizzieren. Dies sollte der Beginn des EAI-Projektes sein, das aber erst 2022, bedingt durch die Covid-Pandemie, verwirklicht werden konnte. Da wir aber schon mal vor Ort zusammen gekommen waren und nicht nur theoretisch planen wollten, entschlossen wir uns ein kleines spannendes Projekt umzusetzen, das nur wenige Monate in Anspruch nehmen sollte – von der Kakaoblüte im November, bis zur Ernte der Kakaofrüchte in der Mitte des folgenden Jahres. Daraus entstand ein wissenschaftlicher Artikel, der 2023 publiziert wurde.

In einem Experiment wird versucht, die Erträge durch Handbestäubung von Kakaoblüten zu optimieren. Kakaoblüten werden von Wildinsekten bestäubt. Die ökologischen Bedingungen für Bestäuber auf den Plantagen sind entscheidend für den Bestäubungserfolg. Doch selbst bei guten ökologischen Bedingungen besteht eine Lücke zwischen dem tatsächlichen und dem potenziellen Ertrag. Diese Ertragslücke wird auf konventionellen Kakaofarmen mit synthetischen Düngemitteln und Pestiziden verringert. Dies ist bei ökologischer Bewirtschaftung nicht möglich und schadet auch den potenziellen Bestäubern und der Artenvielfalt.

Handbestäubung ist eine Methode zur ökologischen Intensivierung des Kakaoanbaus. Hier wird der Frage nachgegangen, wie viele Blüten eines Baumes bestäubt werden müssen, um eine optimale Ertrags-erhöhung zu erzielen. Erfasst werden der zusätzliche Arbeitsaufwand und das Ausmaß, in dem der Mehrertrag den erhöhten Arbeitsaufwand kompensiert. Auf fünf verschiedenen Versuchsflächen werden jeweils 0, 20, 50, 80 oder 100% der Blüten von Hand bestäubt. Die Handbestäubung wird von unseren Mitarbeitern selbstständig durchgeführt. Die Methode ist einfach durchzuführen und daher nach einer kurzen Einführung auf jede andere Farm übertragbar.

IMGtomWanger09-min.jpg
IMGtomWanger12-min.jpg

Dieses erste Kakaoprojekt wird von Göttinger Wissenschaftlern des Instituts für Agrarökologie durch-geführt und von AMAP finanziert. Es soll dazu beitragen, die Rentabilität der Kakaofarmen zu verbessern und so den Fortbestand der Cabrucas zu sichern, was für die langfristige Erhaltung der letzten Mata Atlântica-Fragmente besonders wichtig ist. Das Cabruca-System ist das einzige traditionell erfolgreiche agroforst-wirtschaftliche System, das sowohl die biologische Vielfalt erhält als auch Einkommen für die lokalen Farmer schafft. Cabrucas fungieren als Korridore, die Reliktwälder mitein-ander verbinden und ihrerseits als Lebensraum für die Fauna und Flora des Mata Atlântica dienen.

Das Experiment wird unter einem Schattengradienten von starker Beschattung bis zu geringer Beschattung der Bäume durchgeführt. Erhöhte Sonneneinstrahlung erhöht den physiologischen Stress der Kakaobäume und verringert somit den Ertrag. Unser Projekt soll zeigen, dass der Effekt der Ertragssteigerung durch Hand-bestäubung bei hohem physiologischem Stress stark reduziert ist. Daher wäre die ökologische Intensivierung nur in natürlichen Agrarsystemen wie dem Cabruca-System in Bahia sinnvoll und für die Ertragssteigerung in unbeschatteten Kakaoplantagen wie in Ghana oder Côte d'Ivoire ungeeignet.

IMGtomWanger08-min.jpg
IMGtomWanger02-min.jpg

Zwei Monate lang werden die Kakaoblüten täglich von Hand bestäubt und die Fruchtbildung dokumentiert. Alle Mitarbeiter von AMAP waren an dem Experiment beteiligt und wurden von Dr. Wanger und Dr. Hernandez geschult. Bis zur endgültigen Fruchtreife etwa 5 Monate nach der Bestäubung wurden die Versuchsparzellen regelmäßig kontrolliert. Im Jahr 2023 mündete das Handbestäubungsprojekt in der Veröffentlichung eines wissen-schaftlichen Artikels.

Die Ergebnisse dieses Freilandversuchs zeigen eine durchschnittliche Ertrags-steigerung von 300 % pro Baum durch eine Verbesserung der Bestäubung um 10 % der Blüten pro Baum im Vergleich zur Kontrolle (nur natürliche Bestäubung). 5 bis 15 Minuten Handbestäubung pro Baum können den Fruchtansatz und die Anzahl der reifen Früchte bei niedriger und hoher Beschattung erheblich steigern. Mit diesem Experiment können wir die Handbestäubung als Methode zur Ertragssteigerung empfehlen, ins-besondere in einem Agroforst mit einem Bedeckungsgrad von 40-50 %, um Win-Win-Möglichkeiten für hohe Produktivität und Klimaresilienz bzw. Biodiversitäts-schutz zu schaffen.

cocoaflowers3-min.JPG
bottom of page